Zum 80. Jahrestag des Ende des Zweiten Weltkrieges
Ladenburg setzte ein starkes Zeichen

Die Pfarrer Matthias Stößer (links) und David Reichert forderten zum Einsatz für den Frieden auf.
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  • Die Pfarrer Matthias Stößer (links) und David Reichert forderten zum Einsatz für den Frieden auf.
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Das ökumenische Friedensgebet erinnerte nicht nur an das Ende des Zweiten Weltkriegs / Der Blick wurde auch in die Zukunft gerichtet

Dass die Ladenburger Stadtgemeinschaft am 8. Mai, dem 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges, ein Zeichen setzen wird, war keine wirkliche Überraschung. In der Stadt gibt es nämlich das Bündnis „Wir gegen rechts“, es wurde die Initiative „Nie wieder jetzt“ gegründet, die sich für Demokratie und gegen Ausgrenzung einsetzt und in Ladenburg gibt es eine rührige Amnesty-International-Gruppe, die sich für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzt. Dass Menschen in Frieden und Freiheit leben wollen, hat die Geschichte immer wieder gezeigt. Um so trauriger ist es, dass auch 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch viele aktive Kriegsschauplätze für Leid unter den Menschen sorgen. Die kriegsgeplagten und kriegsmüden Menschen in der Ukraine, im Nahen Osten in Israel und dem Gaza-Streifen sowie in Äthiopien und Myanmar erleben täglich die Grausamkeiten in den kriegerischen Auseinandersetzungen.
Die Einladung der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden in die ev. Stadtkirche zu einem gemeinsamen Friedensgebet war daher ein starkes Zeichen. Die Pfarrer David Reichert und Matthias Stößer stimmten in der ökumenischen Gedenkfeier mit dem Kirchenlied „Unfrieden herrscht auf der Erde“ die passenden Texte an. Zu diesem Zeitpunkt wussten die Christen noch nicht, dass wenige Augenblicke später der neu gewählte Papst Leo XIV. auf dem Petersplatz in Rom vorgestellt werden sollte, der seine erste Rede mit den Worten „Der Friede sei mit euch“ begann.
Für Frieden und Freiheit warben in Ladenburg auch die beiden Stadtpfarrer, die sich dankbar zeigten, dass am 8. Mai 1945 durch die Alliierten Deutschland von der Nazi-Herrschaft befreit wurde. Ihr Dank für den Frieden in unserem Land wurde aber auch mit der Mahnung verbunden, dass wieder vermehrt intolerante und menschenverachtende Aussagen in Deutschland zu hören sind. Jüdische Menschen fühlen sich wieder unsicher und unwohl in unserem Land, zeigten sich Reichert und Stößer entsetzt. Sie hinterfragten zu Recht „Haben wir aus unserer Geschichte nichts gelernt?“ Es sei daher notwendig, dass es aufrichtige Menschen gibt, die ihre Stimme erheben und handeln, um zu verhindern „damit das nie wieder, jetzt wird“. Dass Deutschland die moralische Schuld trägt für die schrecklichen Geschehnisse im Zweiten Weltkrieg, bezweifelte beim Friedensgebet in der Stadtkirche niemand. Leider nahmen an der Veranstaltung fast nur ältere Menschen teil. Es sei erschreckend, dass auch in Deutschland die freiheitliche Demokratie immer wieder in Frage gestellt wird, war der Tenor der Veranstaltung. Mit der AfD sitzt auf Bundesebene und in vielen Landesparlamenten eine demokratiefeindliche Partei in den Parlamenten, die jüngst vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft wurde. Daher gelte es, die Stimme zu erheben, damit unsere Demokratie gestärkt wird. Nie wieder dürfe geschehen, was der Naziterror verursacht hat. Es wurden über sechs Millionen Menschen, Juden, Sinti und Roma ermordet. Behinderte Menschen, homosexuelle Frauen und Männer, aber auch kritische Menschen, die politisch anders dachten, wurden in den KZs ermordet. Pfarrer Stößer sprach offen aus, dass auch die Kirchen versagt hätten und das Unrecht geschehen ließen.

                                               „Die Verdunkelung ist aufgehoben“

In seiner bewegenden Rede zitierte Bürgermeister Stefan Schmutz aus dem Tagebuch seiner Großmutter, die am 8. Mai 1945 folgende Sätze schrieb: „Endlich wurde der Waffenstillstand verkündet. Jetzt, wo alles verloren ist, wo Millionen Menschen ihr Leben lassen mussten und Millionen Menschen ihr Hab und Gut verloren haben. Die Verdunkelung ist aufgehoben – wie hat sie uns all die Jahre bedrückt“, vertraute Marianne Schmutz ihrem Tagebuch ihre Gedanken an.
Ihr Enkel, Bürgermeister Stefan Schmutz betonte, dass es die Bereitschaft, diese Geschichte zu wiederholen, nie wieder geben darf. Schmutz sagte betroffen, dass ausgerechnet die einstigen Siegermächte Russland und USA heute unsere freiheitliche Demokratie in Frage stellen. Dies sei ein Weckruf. „Es ist an der Zeit, einen eigenen, einen europäischen Weg zu gehen“, meinte das Stadtoberhaupt, der eine in die Zukunft gerichtete Rede hielt. „Der 8. Mai 1945 markiert nämlich keinen Schlussstrich und nicht die Stunde null, sondern eine unvergessliche, historische Wegmarke – Richtung Zukunft“, sagte Schmutz. Die letzten 80 Jahren waren zwar eine „bemerkenswerte Erfolgsgeschichte“, weil Deutschland die Aufgabe zur Umsetzung der Demokratie angenommen hat. „Wir können frei leben. In unserem Land ist Vielfalt möglich und das Recht des Einzelnen ist geschützt“, brachte es Schmutz auf den Punkt. Er sprach sich aber auch dafür aus, den 8. Mai 1945 nicht „nur“ als einen Gedenktag anzusehen. „Dieser Tag steht als Auftrag, einzustehen für ein Leben in Freiheit, für ein Leben in einer Demokratie, welche sich den Grund- und Menschenrechten dauerhaft verpflichtet fühlt“, sagte der Bürgermeister. Ergänzt wurde der Friedensaufruf vom Sprecher des Bündnisses „Nie wieder jetzt“, Jürgen Frank und von der Sprecherin der ai-Gruppe Ladenburg/Schriesheim, Bärbel Luppe. „Demokratie lebt vom Mitmachen – setzen Sie sich für die Einhaltung der demokratischen Werte ein“, so der Appell von Frank. „Es war richtig und wichtig, dass das Friedensgebiet im ökumenischen Rahmen stattfand. Die Veranstaltung hat mich berührt“, meinte Luppe.
Berührend waren auch die musikalischen Beiträge. Das Lied, „Wir wünschen Frieden“, das Gisela Schäffer an der Orgel anstimmt, wurde auf Hebräisch (Hevenu schalom alejchem) gesungen. Und als das musikalische Quartett um den Geiger Robert Frank die „Europahymne“, Beethovens Ode an die Freude, anstimmte, wurde der Eintrag in das Tagebuch von Marianne Schmutz „Die Verdunkelung ist aufgehoben“ noch einmal akustisch unterstrichen.
-stu./Fotos: Sturm

Die Pfarrer Matthias Stößer (links) und David Reichert forderten zum Einsatz für den Frieden auf.
Bürgermeister Stefan Schmutz zitierte aus dem Tagebuch seiner Großmutter Marianne Schmutz
Das Streichquartett um Robert Frank (rechts) spielte die Europa-Hymne.
Die Organisationen "Nie wieder jetzt" und "ai" beteiligten sich aktiv an der Veranstaltung.
Autor:

Axel Sturm aus Ladenburg

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