30 Jahre KZ-Gedenkstätte Sandhofen

Raumansicht KZ-Gedenkstätte Sandhofen
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Am Ende eines zähen Ringens stand ein einstimmiger Gemeinderatsbeschluss: Im Oktober 1987 votierte der Hauptausschuss des Mannheimer Stadtparlaments für die Einrichtung einer Gedenk- und Dokumentationsstätte zum KZ-Außenlager, das sich 1944/45 in der Sandhofer Friedrichschule (heute Gustav-Wiederkehr-Schule) befand. Am 12. November 1990 wurde die KZ-Gedenkstätte eingeweiht. Diesen November feiert sie ihr 30-jähriges Bestehen.

1.070 Häftlinge, fast ausnahmslos polnische Männer und Jungen, die während des Warschauer Aufstands verhaftet und nach Dachau deportiert worden waren, wurden Ende September 1944 nach Mannheim verschleppt, um bei Daimler-Benz Zwangsarbeit zu leisten. Unter unmenschlichen Bedingungen waren die Gefangenen in der Friedrichschule untergebracht, die fortan als Außenlager des Konzentrationslagers Natzweiler (Elsass) fungierte.

Mehr als drei Jahrzehnte war die Geschichte des KZ Sandhofen in der Öffentlichkeit kein Thema. Nur noch Zeitzeugen dürfte die einstige Existenz des Lagers in der Kriegerstraße bekannt gewesen sein, als der Mannheimer Stadtjugendring (SJR) 1979 mit Informationen über dieses „vergessene KZ“ an die Öffentlichkeit trat und sich in den folgenden Jahren für eine dauerhafte Dokumentation und Erinnerung einsetzte. Nach einer provisorischen Holztafel am Zaun des Schulgeländes wurde 1982 von der Stadt Mannheim eine erste Gedenktafel am Gebäude angebracht, deren Einweihung eine vierwöchige Leserbriefdebatte in den Lokalzeitungen auslöste, nachdem CDU-Stadtrat Heinrich Kirsch in seiner Rede die Geschichte des Lagers verharmlost und die KZ-Opfer gegen die Sandhofer Kriegstoten aufgerechnet hatte. Wie in vielen anderen Orten wurde in den 1980er Jahren auch in Mannheim intensiv über die NS-Vergangenheit und den Umgang mit ihr gestritten. Dies umso mehr, nachdem der SJR zusammen mit anderen Organisationen und Einzelpersonen die Einrichtung einer Gedenkstätte am „authentischen Ort“ forderte. Während die Initiatoren und ihre Unterstützer sich für Aufarbeitung, Erinnerung und Gedenken stark machten, wollten einige Bürger die Einrichtung einer Gedenkstätte mit allen Mitteln verhindern. Erst die beharrliche Aufklärungsarbeit der Aktivisten sowie der Gemeinderatsbeschluss setzten der hitzigen Debatte ein Ende. Das Stadtarchiv übernahm die wissenschaftliche Leitung des Projekts und erarbeitete gemeinsam mit dem Geschichtslehrer Peter Koppenhöfer, der viele Mannheimer Zeitzeugen interviewte und bald auch Überlebende in Polen ausfindig machen konnte, die inhaltliche Konzeption der Ausstellung. Die gestalterische Umsetzung erfolgte in Kooperation mit der Fachhochschule für Gestaltung. Alle Planungen erfolgten schließlich in enger Absprache mit dem von den Initiatoren gegründeten Arbeitskreis, aus dem 1991 der Trägerverein KZ-Gedenkstätte Sandhofen e.V. hervorging. Der Stadtjugendring und das Stadtarchiv (mittlerweile MARCHIVUM) sind qua Satzung Mitglieder des Vereins.

Die 1990 gegründete KZ-Gedenkstätte Sandhofen war erst die zweite Gedenkstätte zur Erinnerung an ein Außenlager des KZ Natzweiler und eine der ersten Gedenkstätten in Baden-Württemberg überhaupt. Seit 1990 hat sich nicht nur die Gedenkstättenlandschaft deutlich verändert, auch die pädagogischen Angebote der Gedenkstätte Sandhofen wurden kontinuierlich erweitert, sodass die Gedenkstätte heute zu den zentralen Einrichtungen der historisch-politischen Bildungsarbeit in der Region zählt.

Die für Anfang November geplante Jubiläumsfeier musste aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden. Der Verein KZ-Gedenkstätte Sandhofen e.V. wird stattdessen im Laufe des Monats das Jubiläum auf verschiedene Weise auf seiner Facebook-Seite thematisieren und einen Blick zurück auf 30 Jahre Gedenkstätte werfen.

Autor:

Die Redaktion aus Ladenburg

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