Pfarrer David Reichert strahlt Optimismus aus und freut sich auf den ersten Präsenz-Gottesdienst in diesem Jahr am Pfingstsonntag / Taufgottesdienst am Neckar findet im 4. Juli statt
Die Evangelische Kirchengemeinde blickt nach vorne: Und darauf einen Pfaffe-Wein

Ein moderner Pfarrer muss heutzutage auch Finanz-Manager sein.
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  • Ein moderner Pfarrer muss heutzutage auch Finanz-Manager sein.
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Die Institution Kirche durchlebt derzeit eine schwierige Phase, die durch die Pandemie zweifelsohne noch erschwert wird. „Der Mitgliederrückgang in der Landeskirche nimmt dramatische Ausmaße an – die Entwicklung bereitet mir große Sorgen“, war eine Kernaussage beim LAZ-Besuch im evangelischen Pfarrhaus, wo Pfarrer David Reichert über die aktuellen Planungen und Aussichten in der Gemeinde informierte. Das Trostwort des Propheten Jesaja „Schaut nach vorne – denn ich will etwas Neues tun“, beschreibt derzeit die Stimmung des Pfarrers wohl am besten. Reichert ist ein optimistischer Mensch, der fest daran glaubt, dass die schwerste Zeit der Pandemie vorbei ist. „Auch ich verspüre eine große Sehnsucht nach Geselligkeit und Zusammenkunft“, sagte Pfarrer Reichert, der sich am wohlsten fühlt, wenn er mit den Menschen im engen Kontakt sein kann.

Reichert erinnert sich, dass der letzte Präsenz-Gottesdienst am 3. Advent 2020 stattfinden konnte. Und der Seelsorger und Kirchenmanager braucht gar nicht so weit nach vorne blicken, bis wieder zu einem Präsenz-Gottesdienst eingeladen werden kann. Am Pfingstsonntag den 23. Mai um 10 Uhr wird die Gemeinde ihren ersten Gottesdienst „live“ feiern können. Bei schönem Wetter findet der Gottesdienst im Kirchengarten statt – ansonsten wird in die Kirche ausgewichen. Obwohl die Infektionszahlen auch in Ladenburg Schritt für Schritt zurückgehen gilt immer noch das Hygiene-Schutzkonzept mit der Anmeldepflicht für den Präsenz-Gottesdienst (ladenburg@kbz.ekiba.de).

Dem Pfarrer und dem Kirchengemeinderat war es wichtig, Solidarität mit den Vereinen, Geschäftsinhabern und den Kulturschaffenden zu zeigen. Daher wurde über fünf Monate auf Präsenz-Gottesdienste verzichtet, obwohl es rechtlich statthaft war, Gottesdienste abzuhalten. Die Verantwortlichen der Ladenburger Kirchengemeinde haben einen anderen Weg gewählt denn über allem stand eine strikte Kontaktvermeidung um einen gesellschaftlichen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie zu leisten.
Die Online-Alternativen können die seelsorgerische Wärme und die Emotionen der Präsenz-Gottesdienste zwar nicht ersetzen, aber Pfarrer Reichert zieht trotzdem eine rundum zufriedene Bilanz. Zusammen mit den Pfarreien der Nachbargemeinden Heddesheim, Edingen-Neckarhausen und Ilvesheim wurde ein Programm angeboten, das die Menschen ansprach. Um die 500 Gläubige verfolgten im Schnitt die Sonntags-Gottesdienste.

Der Höhepunkt war zweifelsohne die „Stall-Weihnacht“ an Heilig Abend, deren Qualität und Atmosphäre mit vielen Likes und Daumen hoch im Netz belohnt wurde. Aus ganz Deutschland wurden Nachrichten an die Veranstalter geschickt, was den Pfarrer heute noch begeistert. Es sei schon „ungewohnt und anders“ vor der Kamera zu stehen um die Menschen mit den Botschaften Jesu zuhause anzusprechen. „Ihr müsst mit der Kamera flirten“, sagten Profis den Predigern, die mit jedem Gottesdienst sicherer und ausdrucksstärker wurden. Reicherts Frau Katharina und seine Kinder hatten mit seiner zunehmenden Kameraerfahrung „fast nichts mehr zu kritisieren“, erzählt der Pfarrer lachend.

Gemeindehaus-Raumbedarfsplan erarbeitet

In der Pandemiezeit blieb zwar vieles auf der Strecke – die Planungen für den Bau eines Begegnungszentrums schritten aber voran. Das 1.500 qm große Gelände am Rande der Altstadt ist eine 1a-Lage zur Wohnbebauung und für Investoren sehr interessant. Der Abriss des Luther-Gemeindehauses dürfte wohl die interessanteste Lösung sein. Von den Erbpachtzinsen – das Grundstück wird die Kirchengemeinde nämlich nicht verkaufen – soll die Miete für einen 350 qm großen Multi-Funktionsraum bezahlt werden, den der Investor für die Kirchengemeinde zur Verfügung stellen soll. Die Planungen wurden übrigens nicht gestoppt, obwohl die Landeskirche derzeit einen strikten Sparkurs fährt. „In Ladenburg haben wir noch gute Bedingungen – was die Grundstücksverhältnisse betrifft“, meinte Pfarrer Reichert, der sich mit dem Pfarrgemeinderat bereits Gedanken über die Nutzungsmöglichkeiten der neuen Räumlichkeiten macht. Fakt ist auch, dass die Stadtkirche intensiver genutzt werden soll, denn das attraktive Gotteshaus hat viel Potential. Eine intensivere Kirchennutzung strebt Pfarrer Reichert daher an.

Wenn der Pfarrer über das Thema Finanzen und Wirtschaftlichkeit spricht, wird er zum Kirchengemeinde-Manager, der ein verantwortungsbewusster Pfarrer eben auch sein muss. Gut 1/3 seiner Arbeitszeit befasst sich Reichert mit Verwaltungsdingen. Er ist zufrieden, dass er für die Gottesdienstgestaltung, den Religionsunterricht in den Schulen und für die Seelsorgearbeit mit den Gesprächskreisen, den Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen die meiste Zeit einplanen kann. „Der Kontakt zu den Menschen ist besonders erfüllend“, bringt es der Pfarrer auf den Punkt.

So wie die Kirchengemeinde das Thema Präsenz immer gehandhabt hat, wird es wegen der immer noch bestehenden Corona-Gefahren in diesem Jahr noch nicht gehen. Reichert glaubt nicht, dass die Zugpferd-Veranstaltung beim Altstadtfest „Rock at Church“ stattfinden kann. Ein ökumenischer Gottesdienst auf dem Marktplatz am 2. September-Wochenende wurde hingegen von Bürgermeister Stefan Schmutz vorgeschlagen. „Den Vorschlag haben wir gerne aufgegriffen“, sagte Reichert, dass der Marktplatz-Gottesdienst auch bei der Absage des Altstadtfestes – was wahrscheinlich ist – stattfinden wird.

Der Pfarrer freut sich auch über die Ausrichtung eines Taufgottesdienstes am Neckarufer am 4. Juli für 15 Täuflinge aus Ladenburg. Die begrenzte Anzahl der Taufen sei auch ein Zeichen, dass nach wie vor enge Kontakte vermieden werden sollten.
Weitere Veranstaltungen im Kirchenjahr 2021 sind nicht geplant, meinte Pfarrer Reichert am Ende des Gesprächs. Und noch etwas Erfreuliches zum Schluss. Ein Paketbote klingelte im Pfarrhaus um die bestellte Weinlieferung aus der Pfalz vom Weingut Pfaffmann anzuliefern. „Der Pfaffe“, ein Weißburgunder aus der Scheurebe trinkt der Pfarrer und Weinkenner bei passenden Momenten gerne mal mit seiner Frau Katharina. Und was wäre passender als endlich auf eine Zeit der regelmäßigen Präsenz-Gottesdienste anzustoßen?

Autor:

Axel Sturm aus Ladenburg

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