Zur Geschichte des Rotary Clubs Mannheim (1930-1937) und seiner Gründungsmitglieder – Ausstellung vom 22. September bis 18. Dezember 2020 im MARCHIVUM
"Freundschaft unter Druck"

Palasthotel Mannheimer Hof 1941 | Foto: © Marchivum
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In Mannheim wurde am 28. Juni 1930 als 15. Stadt im damaligen Deutschen Reich ein Rotary Club gegründet. 25 Jahre nach Gründung des ersten Clubs in Chicago unter Paul P. Harris hatte damit die Idee eines Serviceclubs („service about self“) auch in der Quadratestadt Fuß gefasst. Rotary gab Geschäftsleuten die Möglichkeit, sich zu vernetzen, sich gegenseitig zu unterstützen und dabei auch ein besonderes, ethisch fundiertes Mit- und Füreinander zu entwickeln. Dazu gehört bis heute, sich untereinander mit »Freund/Freundin« anzureden, weshalb meist von den »rotarischen Freunden« bzw. der »rotarischen Familie« gesprochen wird.

In Deutschland wurde am 7. Oktober 1927 als erster deutscher Klub der RC Hamburg gegründet. Wenig später erfolgte die Gründung des Rotary Clubs Frankfurt, der 1930 Pate des Rotary Clubs Mannheim wurde. Die meisten Mitglieder Rotarys in Deutschland, so auch in Mannheim, entstammten dem Groß-, Wirtschafts- und Bildungsbürgertum, sie bejahten die neue demokratische Staatsform Weimars. Mit Dr. Hermann Heimerich war zudem das Stadtoberhaupt im Mannheimer Club vertreten, ebenso ein nicht unerheblicher Anteil an Mitgliedern aus dem jüdischen Bürgertum.

Der 30. Januar 1933 markierte auch für den Rotary Club Mannheim eine Wende. Nicht wenige seiner Mitglieder, vor allem der Kreis um Heimerich, wurden politisch verfolgt und aus dem Amt gedrängt, emigrierten oder mussten Mannheim verlassen. Zugleich begann die reichsweite Entrechtung aus rassistischen Gründen. Damals stellte sich für Rotary Deutschland wie dem Mannheimer Club die Frage, ob man sich auflösen soll oder nicht. Rotary International war daran interessiert, die deutschen Clubs um nahezu jeden Preis zu behalten. Auch das NS-Regime lenkte scheinbar ein und gestattete etwa Doppelmitgliedschaft in Rotary und NSDAP. Doch der Preis für die „rotarische Appeasement-Politik“ gegenüber dem NS-System war hoch.

Im Rotary Club Mannheim kam es vor allem in der Frage des Umgangs mit den jüdischen Mitgliedern zur Spaltung. Vorstand und Clubpräsident baten im September 1933 die jüdischen Mitglieder, den Club freiwillig zu verlassen. Dem widersetzte sich ein Teil. Daraufhin wurde der Club im September 1933 offiziell für aufgelöst erklärt und sofort wieder ohne die früheren jüdischen Mitglieder neu gegründet. Der neue Club umfasste mit seinen 13 Mitgliedern nicht einmal ein Drittel seiner ursprünglichen Mitgliederzahl.

1937 wurde die Doppelmitgliedschaft von NSDAP und Rotary wieder verboten, das NS-Regime hatte keinerlei Interesse am Fortbestehen der Clubs. So wählten diese im Sommer 1937 die Selbstauflösung, der Mannheimer Club stellte offiziell seine Aktivitäten am 15. September 1937 ein.
Die von Ulrich Nieß und Karen Strobel kuratierte Ausstellung erzählt die vielfach dramatisch verlaufenden Lebensschicksale aller Gründungsmitglieder des Rotary Clubs Mannheim und ihre Rolle im Clubleben in den 1930er Jahren.

Die Ausstellung findet vom 22. September bis zum 18. Dezember 2020 im MARCHIVUM statt. Die Öffnungszeiten sind jeweils am Dienstag, Mittwoch und Freitag von 10 bis 16 Uhr sowie am Donnerstag von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei, die Ausstellung ist barrierefrei.

Autor:

Die Redaktion aus Ladenburg

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