Ladenburg zeigte sich als fröhliche, tolerante Regenbogenstadt

Über 1.000 Teilnehmer demonstrierten bei der Dorfpride 2022 in Ladenburg.
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Die Dorfpride-Gemeinschaft wurde in Ladenburg herzlich willkommen geheißen / Bürgermeister Schmutz forderte einen entspannten Umgang mit vielfältigen Lebens- und Liebesformen ein 

Es gibt auch in Ladenburg zweifelsohne Menschen, die können mit einer Veranstaltung wie der Dorfpride nichts anfangen. Wer am Samstagnachmittag aber die Redebeiträge auf der bunten Festwiese mit den wehenden Regenbogenfahnen verfolgte, dem wurde schnell klar, weshalb Demonstrationen wie die Dorfpride leider noch nötig sind. Die Pride sei daher keine Spaßveranstaltung, sondern eine Demo für die Rechte von Menschen, betonte der Veranstalter immer wieder.

Die Vertreter vom Pride-Organisationsteam, aber auch Julia und Elena von der Ladenburger Happy Poly Family verdeutlichten in ihren Grußworten, dass ihre Lebensorientierung von einem Teil der Gesellschaft eben doch noch nicht „als normal“ betrachtet wird. Ihr Familienleben besteht aus vier Katzen, drei Kindern und vier gleichberechtigten Partnerinnen. Viviane und Julia haben 2016 geheiratet, Lara und Elena sagten 2020 ja. Seit April 2021 wohnen alle vier zusammen in Ladenburg. Anfragen von Soap-TV-Sendern, die über ihr Leben berichten wollen, lehnt die Familie ab. „Erst wenn diese Sender nicht mehr berichten wollen, weil unsere Lebensform von allen akzeptiert wird, sind wir ein Stück weiter“, sagten Julia und Elena in ihrer Ansprache.

„Wir unterstützen das Bild einer bunten, toleranten Gesellschaft, auch weil wir in unserer 2.000-jährigen Geschichte gelernt haben, wie wichtig Toleranz und Vielfalt für die Entwicklung einer Stadt sind“, sagte Bürgermeister Stefan Schmutz in seinem Grußwort. Der führte übrigens anschließend gemeinsam mit den Landtagsabgeordneten Fadime Tuncer (Grüne) und Sebastian Cuny (SPD), der in Schriesheim mit einem Mann zusammenlebt, den beeindruckenden Demonstrationszug durch die Altstadt an. Dahinter reihten sich fahrende Musik-Stätten und über 1.500 Demo-Teilnehmer ein. Die demonstrierten für die Sichtbarkeit und Rechte für LSBTTIQ-Personen. LSBTTIQ steht dabei für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, transsexuell, intersexuell oder queer, also für Menschen außerhalb der heteronormativen geschlechtlichen oder sexuellen Norm. Lebensentwürfe sollen vielfältig sein und die Wahrnehmung der eigenen Person, der eigenen Sexualität und des Geschlechts ist nicht verhandelbar, meinte der Bürgermeister, der sehr bedauerte, dass für viele Menschen ihr Outing immer noch mit der Angst vor Ausgrenzung und Abneigung verbunden ist. Das habe damit zu tun, dass der Weg zur Gleichstellung und die notwendigen politischen Entscheidungsprozesse langsam und zögerlich sind, meinte Schmutz.

„Individualität und Vielfalt sind keine Bedrohung für unsere Gesellschaft, sondern eine Bereicherung“, sagte Schmutz unter dem Jubel der Demo-Teilnehmer. Für ihn setzt die Dorfpride-Bewegung ein wichtiges Zeichen – nämlich ein Zeichen der Solidarität und eine Demonstration für die Sichtbarkeit und Rechte der LSBTQ-Menschen. Daher sei Ladenburg gerne Veranstaltung der Dorfpride, meinte Schmutz und diese Aussage war in der Tat auch spürbar.

Vor den Gaststätten – besonders vor dem Goldenen Löwen – wurden regelrechte Happenings gefeiert – viele Häuser wurden mit Regenbogenfahnen geschmückt und es fanden an der Demo-Strecke Regenbogenpartys statt. „Ist doch klasse, dass die Dorfpride in Ladenburg zu Gast ist“, sagte beispielsweise Claudia Gerling, die mit den früheren Handball-Mädels der LSV-Bundesliga-Mannschaft feierte. Sissi Prinz hätte sich zwar lautere Musik bei der Demo gewünscht – trotzdem war die Stimmung beim „Handball-Frauen-Stammtisch“ ausgezeichnet.

Ein herzliches Willkommen hörten die Demo-Teilnehmer der Dorfpride auch vom evangelischen Pfarrer David Reichert. Es sei bedauerlich, dass wir solche Demos brauchen um auf ganz normale Menschenrechte aufmerksam zu machen, meinte der Stadtpfarrer. „Wir zeigen heute in Ladenburg die bunte Karte“, so Reichert. Der Pfarrer der katholischen Pfarrgemeinde St. Gallus, Matthias Stößer, begrüßte es, dass sich der Pfarrgemeinderat einig war, die Regenbogenfahne an der Galluskirche wehen zu lassen. Stößer wünschte der Veranstaltung „viele freundliche Gesichter“ und seinen Wunsch setzten die Dorfpride-Teilnehmer auch umgehend um.

Wie krank manche Täter sind, zeigt nicht zuletzt der beschämende Mordanschlag mit zweit Toten auf einen Gay-Club im norwegischen Oslo. Daher waren Sicherheitskräfte in angemessener Stärke in Ladenburg vertreten. Es kam bei der Dorfpride 2022 erfreulicherweise zu keinen nennenswerten Zwischenfällen, wie der Leiter des Ordnungsamtes Rüdiger Wolf der LAZ bestätigte.

Autor:

Axel Sturm aus Ladenburg

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